Weniger Reisen, weniger Auto, mehr Haus

Veröffentlicht am 16. Mai 2017 von Axel Guthmann

Frisch gebackene Immobilienbesitzer müssen sich in der Regel finanziell nach der Decke strecken. Die anfänglichen Belastungen aus Zins- und Tilgungsleistungen zwingen sie zu weniger Konsum. Doch in welchen Bereichen und in welchem Ausmaß schränken sich junge Bauherren und Käufer im Vergleich zu Mieterhaushalten eigentlich ein? Und zahlt sich der Verzicht aus?

Unsere Experten von LBS Research sind diesen Fragen in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut empirica nachgegangen. Die Wissenschaftler haben auf Basis der aktuellen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes über 200 Einzelposten aus 12 Konsumkategorien ausgewertet. Betrachtet wurden 30- bis unter 45-jährige Mieter- und Eigentümerhaushalte mit einem Monatseinkommen zwischen 2.000 bis 3.000 Euro netto.

Wohneigentümer sparen mehr als Mieter

Die Gegenüberstellung dieser beiden Gruppen bestätigt zunächst die Erkenntnis früherer Untersuchungen, wonach Immobilienbesitzer mehr sparen als Mieterhaushalte derselben Einkommenskategorie: Sie legen Monat für Monat mit 13 Prozent ihres Einkommens mehr als doppelt so viel auf die Seite wie Mieterhaushalte, vor allem in Form von Tilgungsleistungen. Hinzu kommen Ausgaben von 18 Prozent des Einkommens für die Bedienung von Baukrediten. Nach Abzug von Wohnnebenkosten bleiben dem Wohneigentümer noch 57 Prozent des Nettoeinkommens zum Alltagskonsum, während dem Mieter – nach Abzug seiner geringeren Sparleistungen und warmen Wohnkosten – mit 68 Prozent mehr als 10-Prozentpunkte zusätzlich zur freien Verfügung stehen.

Schaut man nun, in welchen Bereichen der Eigentümer weniger ausgibt, wird deutlich: Die mit weitem Abstand größte Einsparung realisieren junge Eigentümerhaushalte durch den Verzicht auf Pauschalreisen. Hierfür geben sie 74 Prozent weniger aus als Mieterhaushalte. Auf Platz zwei der vorläufigen Entbehrungen liegt die Nutzung von „fremden Verkehrsdienstleistungen“ wie z. B. Taxi-Fahrten. Hier geben frisch gebackene Selbstnutzer 55 Prozent weniger als vergleichbare Mieterhaushalte aus. Auch liebgewordene Hobbys wie das Motorradfahren scheinen in der Priorität erst einmal nach hinten zu rutschen. Die Ausgaben für „Anschaffung/Leasing von Krafträdern“ sind um 41 Prozent niedriger als bei Mietern.

Für das eigene Auto geben junge Wohneigentümer 18 Prozent weniger aus als vergleichbare Mieterhaushalte. Weitere Einsparungen werden schließlich bei den Fahrzeugreparaturen realisiert, wofür 13 Prozent weniger ausgegeben werden. Offensichtlich fährt der junge Wohneigentümer nicht nur weniger Taxi, sondern repariert seine Fahrzeuge eher selbst oder lagert Winterreifen im eigenen Keller ein.

Neuwagen muss warten

Bei den Einsparungen für das Auto handelt es sich allerdings um keinen absoluten Konsumverzicht, denn beim Autofahren selbst wird nicht gespart, wie die bei Eigentümern und Mietern identischen Ausgaben für den Haushaltsposten „Kraftstoffe“ zeigen. Eingeschränkt wird lediglich der „Luxus“ des Kaufs eines Neuwagens, der um einige Jahre nach hinten verschoben wird.

Neben den Verkehrsausgaben sparen junge Wohneigentümer auch am Restaurantbesuch. Hierfür geben sie 18 Prozent weniger aus. Stattdessen wird offenbar mehr selbst gekocht. Während diese Einsparungen alle Haushaltsmitglieder betreffen, üben die Erwachsenen einen Sonderverzicht in punkto Kleidung. So leisten sich frisch gebackene Wohneigentümer weniger Bekleidung, die Frauen 11 Prozent weniger, die Männer sogar 17 Prozent weniger als Mieterinnen und Mieter. Dafür sitzt bei der Kinderbekleidung der Geldbeutel der Wohneigentümer lockerer: hierfür geben sie 12 Prozent mehr aus als vergleichbare Mieterhaushalte.

Mit 20 Prozent weniger Tabakkonsum leben Wohneigentümer im Durchschnitt gesünder als Mieterhaushalte. Bei Spiel- und Sportwaren halten sich die Ausgaben beider Gruppen die Waage. Auch bei den Ausgaben für Kultur, etwa für Bücher sowie bei den Eintrittsgeldern für Kulturveranstaltungen, liegen beide gleichauf.

Kein Verzicht bei den Grundbedürfnissen

Was folgt aus der Analyse? Junge Wohneigentümer verzichten nicht auf die Erfüllung von Grundbedürfnissen, Mobilität und Kultur. Und: Die längerfristige Perspektive zeigt, dass die „Entbehrungen“ nur vorübergehender Natur sind. Denn nach etwa 15 Jahren verlieren die Aufwendungen für Zins und Tilgung derart an Gewicht, dass die Konsummöglichkeiten der Immobilienbesitzer wieder auf gleicher Höhe oder sogar über denen der Mieterhaushalte liegen. Insbesondere im Rentenalter, wenn die Kredite vollständig getilgt sind, verfügt der Wohneigentümer aufgrund der ersparten Miete über erheblich größere Ausgabenspielräume als der Mieter. Und vor allem verfügt er über ein solides Vermögen in Form der selbstgenutzten Immobilie.

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