Staatlich geförderter Mietkauf: Gut gemeint

Veröffentlicht am 18. Juli 2019 von Axel Guthmann

Die Immobilienpreise steigen und steigen – und die Ideen, wie Menschen in diesen Zeiten dennoch zu den eigenen vier Wänden zu verhelfen ist, werden immer kreativer. Der jüngste Vorschlag des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ist allerdings etwas zu kreativ ausgefallen.

„Staatlich geförderter Mietkauf“ nennt das DIW sein Modell. Wir haben uns das Konzept etwas genauer angesehen und kommen zu dem Schluss: Bevor man dem Staat die Mammutaufgabe überträgt, Eigentumswohnungen zu bauen und zu finanzieren, sollten sich die Kräfte erst einmal darauf richten, die Ursachen des Problems zu beheben. Was dafür zu tun wäre, ist längst bekannt. Und es wäre nicht einmal schwer umzusetzen. Doch der Reihe nach.

Warum es für die Bundesbürger immer schwieriger wird, zu Wohneigentum zu kommen

Ausgangspunkt des DIW-Vorschlags ist die richtige Feststellung, dass sich wegen der steigenden Immobilienpreise immer weniger Menschen Wohneigentum leisten können, vor allem in den Städten. Der Hauptgrund: Es fehlt ihnen am nötigen Eigenkapital. In der Regel müssen mindestens 20 Prozent der gesamten Kosten aus der eigenen Tasche finanziert werden – davon entfallen allein bis zu 13 Prozent auf die Kaufnebenkosten von der Notargebühr bis zu den Erschließungskosten, wie das DIW vollkommen korrekt vorrechnet. Doch es wird immer schwieriger, diese Mittel zusammenzubekommen. Die Kaufpreise sind rasant gestiegen, das Ersparte aber nicht in gleichem Maße mitgewachsen. Zinsen auf Erspartes gibt es kaum mehr, und die steigenden Mieten machen es Münchnern, Frankfurtern, Berlinern und anderen Großstädtern nicht gerade leichter, etwas auf die hohe Kante zu legen.

Was die Politik tun will

Die Bundesregierung hat dieses Dilemma erkannt und verschiedene Hilfen entweder bereits auf den Weg gebracht oder zumindest in Planung: Das Baukindergeld kam im vergangenen September und wirkt wie gehofft, wird also in erster Linie von Familien mit kleinen und mittleren Einkommen beantragt. Die nächsten Schritte wären laut Koalitionsvertrag zum einen die Verbesserung der Wohnungsbauprämie als Anreiz, möglichst frühzeitig mit dem Ansparen des Eigenkapitals zu beginnen. Zum anderen würden die in Aussicht gestellten staatlichen Bürgschaften für Immobilienkredite den Eigenkapitalbedarf senken.

Und wozu dann noch ein staatlich geförderter Mietkauf?

Das DIW verspricht sich vom bisher Geplanten anscheinend zu wenig und hat nun einen sympathisch klingenden zusätzlichen Vorschlag auf den Tisch gelegt: Der Staat solle auf eigenen Grundstücken möglichst günstig Mehrfamilienhäuser bauen. Deren Bewohner würden keine Miete zahlen, sondern mit zinsfreien monatlichen Tilgungsraten den Kauf ihrer Wohnung finanzieren. Laut DIW fällt die finanzielle Belastung der Haushalte dann kaum oder in überschaubarem Maße höher aus als beim Mieten. Veranschlagt haben die Berliner Ökonomen in ihren Rechenbeispielen einen Zeithorizont von 24 beziehungsweise 33 Jahren.

Der staatliche Mietkauf hakt an vielen Stellen

Diese Eckdaten werfen jedoch bereits die ersten Fragen auf: Was passiert, wenn vor Ende des Finanzierungszeitraums beispielsweise ein berufsbedingter Umzug ansteht? Was, wenn der Eigentümer in spe seine Raten nicht mehr zahlen kann? Dass dieser Fall eintritt, ist nebenbei bemerkt nicht ganz unwahrscheinlich, weil die Zielgruppe eben genau jene mit höherem Zahlungsausfallrisiko ist: Sie verfügt per definitionem über kein Vermögen und nur geringe Einkommen.

Überhaupt: Wie will man verhindern, dass das Kriterium für die Auswahl der Mietkaufberechtigten, es dürfe kein oder nur wenig Eigenkapital vorhanden sein, zu absurden Situationen führt? Wer dem Staat eine günstige Wohnung abkaufen möchte, sollte sich demnach öfter mal einen teuren Urlaub gönnen und möglichst wenig sparen. Eigenverantwortung sieht allerdings anders aus.

Das Wichtigste aber: Es ginge viel einfacher

Zu teuer, kein Eigenkapital – diese beiden Haupthemmnisse für die Bildung von Wohneigentum ließen sich mit dem Mietkauf-Modell womöglich tatsächlich umgehen. Trotzdem bleibt die Frage: Warum die Hemmnisse nicht gleich beseitigen? Zumal das gar nicht so schwierig wäre. Die Ansatzpunkte:

Baukosten senken. Was die Preise so in die Höhe treibt, ist der Umstand, dass das Angebot an Häusern und Wohnungen nicht mit der Nachfrage Schritt hält. Ändern kann sich das nur, wenn die Städte mehr Bauland ausweisen. Günstiger würde das Bauen auch, würde es nicht von überzogenen Auflagen künstlich verteuert.

Eigenkapitalbedarf senken. Wir erinnern uns: Der Löwenanteil des benötigten Eigenkapitals geht für die Kaufnebenkosten drauf. Und der Staat hätte es durchaus in der Hand, sie zu senken. Schritt eins: runter mit der Grunderwerbsteuer. Dann nähme man den Menschen gar nicht erst weg, was man ihnen über den subventionierten Mietkauf wieder zuschustern würde.

Eigenkapitalbildung attraktiver machen. Dieser Ansatz immerhin steht ja schon auf der politischen Agenda. Wichtig wäre, dass die Aufwertung der Wohnungsbauprämie nun auch bald kommt. Das Gute daran ist schließlich, dass sie Hilfe zur Selbsthilfe ist: Mit der Wohnungsbauprämie unterstützt der Staat eigene Sparanstrengungen – und macht sie nicht überflüssig, wie es beim Mietkauf der Fall wäre.

Trotz aller Kritik am Mietkauf-Modell à la DIW sei eines aber noch einmal betont: Allein dass sich das Berliner Wirtschaftsforschungsinstitut des Themas Wohneigentum annimmt, ist in der derzeitigen wohnungspolitischen Diskussion mit ihrem Fokus auf das Mieten – Stichwort Mietendeckel – durchaus verdienstvoll.

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