Mietwohnungsbau breitet sich aus

Veröffentlicht am 12. Januar 2017 von Axel Guthmann

Im Monatsrhythmus veröffentlicht das Statistische Bundesamt derzeit neue Höchstwerte bei der Zahl der Baugenehmigungen. Was erst auf den zweiten Blick sichtbar wird: Der kräftig angesprungene Wohnungsbau in Deutschland entwickelt sich immer mehr in Richtung Mietwohnungsbau – zu Lasten des selbstgenutzten Wohneigentums.

Wenn die Dynamik in dem von Mietwohnungen geprägten Geschosswohnungsbau anhält, könnte der Neubau für Mieter den Neubau für Selbstnutzer bereits im nächsten Jahr überflügeln. Die nachfolgende Grafik macht deutlich, wie sich der Mietwohnungsbau seit 2010 ausbreitet. Dargestellt ist die Entwicklung der Baugenehmigungen für Wohnungen in neu errichteten Wohngebäuden, ohne Ausbauten und ohne Wohnheime. Im Jahr 2010 entfielen noch gut zwei Drittel des Neubaus auf Ein- und Zweifamilienhäuser (die überwiegend selbstgenutzt werden) sowie auf selbstgenutzte Eigentumswohnungen. Inzwischen ist der Anteil der Selbstnutzer im Neubau auf 53 Prozent geschrumpft. Der Bau neuer Mietwohnungen hingegen erlebt eine Renaissance: Fast die Hälfte (47 Prozent) der genehmigten Wohnungen entfällt inzwischen auf den reinen Mietwohnungsbau bzw. auf Eigentumswohnungen, die zur Vermietung vorgesehen sind.

Um nicht missverstanden zu werden: Die Entwicklung der Baugenehmigungszahlen ist quantitativ auf dem richtigen Weg ist. Nur durch Ausweitung des Wohnungsangebots wird sich der Wohnungsmarkt mittelfristig entspannen können. Dass die Fertigstellungen den genehmigten Wohneinheiten hinterherhinken, ändert daran nichts. Bauen braucht eben Zeit. Anlass zur Sorge gibt allerdings die immer deutlicher werdende Verschiebung der Bautätigkeit hin zu einem von Mietwohnungen geprägten Geschosswohnungsbau.

Für mich ist das ein klares Zeichen dafür, dass es den Städten (hier findet der Geschosswohnungsbau statt) bisher nicht in ausreichendem Maße gelingt, bezahlbare Angebote für Selbstnutzer zu schaffen. Vielmehr führt die Flucht ins „Betongold“ durch hiesige, aber auch durch internationale Kapitalanleger dazu, dass vorwiegend der Bestand an Mietwohnungen ausgedehnt wird. Für potentielle Selbstnutzer ist das ein Dilemma, denn das Engagement der privaten Investoren im als sicher geltenden Hafen „Immobilienmarkt Deutschland“ hat insbesondere beim Neubau von Eigentumswohnungen zu stark gestiegenen Preisen geführt. Haushalte mit durchschnittlichem Einkommen, die als Selbstnutzer in Betracht kämen, können sich diese Wohnungen häufig nicht mehr leisten – trotz der derzeit günstigen Finanzierungsbedingungen. Sie müssen deshalb, wenn sie in der Stadt bleiben wollen, auf eine meist teure Mietwohnung ausweichen oder werden ins Umland getrieben. Bei den Käufern der neu entstehenden Eigentumswohnungen handelt es sich dagegen oft um Bezieher höherer Einkommen.

Von daher ist es richtig, dass sich die Wohnungspolitik im Bund nicht mehr nur auf die Verbesserung des (sozialen) Mietwohnungsangebots konzentrieren will, sondern darüber nachdenkt, wie sie in der aktuellen Wohnungsmarktsituation potentielle Selbstnutzer unterstützen kann, insbesondere Familien mit kleinen und mittleren Einkommen. Aber auch die Kommunen sind in der Verantwortung. Sie dürfen bei der Bereitstellung von Bauland die Selbstnutzer nicht vergessen.

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