Klimapaket: Vernünftige Anreize für Wohneigentümer
Das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung steht seit seiner Bekanntgabe im Dauerfeuer der Kritik. Kaum geredet wird dabei allerdings über die geplanten Maßnahmen im Gebäudesektor, die über dessen Einbezug in den CO2-Zertifikatehandel hinausgehen. Wir haben nun zumindest einen genaueren Blick darauf geworfen, was die immerhin 17 Millionen Eigentümerhaushalte erwartet – und kommen zu einem versöhnlicheren Schluss: Das Klimapaket ist an dieser Stelle recht gut gelungen. Denn Wohneigentümer werden nicht vor unlösbare Aufgaben gestellt, sondern durchaus substanziell mit Fördermaßnahmen unterstützt.
Nach zähem Ringen und einer schlaflosen Nacht für alle Beteiligten hat das sogenannte Klimakabinett vergangenen Freitag die seit Wochen mit Spannung erwarteten Eckpunkte seines Klimapakets veröffentlicht. Dass die quasi auf Knopfdruck hochkochende öffentliche Kritik danach lauter war als das Lob, ist einerseits nicht weiter erstaunlich. Andererseits ist es aber auch ein bisschen schade, denn am Klimaschutzprogramm ist beileibe nicht alles misslungen. Während halb Deutschland über einen angeblich zu niedrigen CO2-Preis und die mangelnde Sachkenntnis des Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck in puncto Pendlerpauschale diskutiert, haben wir uns angeschaut, was das Klimaprogramm im Gebäudesektor vorsieht – und vor allem, was es für die Eigenheimbesitzer bedeutet. Um es vorwegzunehmen: Das Klimakabinett hat tatsächlich wie gehofft auf attraktive Anreize gesetzt, die im Laufe des nun folgenden Gesetzgebungsprozesses hoffentlich nicht verloren gehen. Im Einzelnen:
1. Die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung soll kommen
Selbstnutzer von Wohneigentum sollen künftig die Möglichkeit erhalten, ihren Aufwand für Klimaschutzmaßnahmen am Gebäude zu einem gewissen Prozentsatz von ihrer Einkommensteuerschuld abzuziehen. Im Eckpunktepapier heißt es dazu:
„Wer z. B. alte Fenster durch moderne Wärmeschutzfenster ersetzt, kann seine Steuerschuld – verteilt über 3 Jahre – um 20% der Kosten mindern.“
Der Vorteil eines solchen Abzugs von der Steuerschuld ist, dass die Förderung für alle Einkommensklassen absolut gesehen gleich hoch ist, es also keine Progressionseffekte gibt, von denen Bezieher höherer Einkommen profitieren würden. Vergleichbar ist dies mit der steuerlichen Behandlung von haushaltsnahen Dienstleistungen. Alternativ soll es aber weiterhin möglich sein, ein Förderprogramm der KfW in Anspruch zu nehmen. Und diese Programme sollen – gebündelt unter der neu konzipierten „Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)“ – durchweg um 10 Prozent aufgestockt werden.
Die steuerliche Abzugsmöglichkeit soll für alle Maßnahmen greifen, die auch von der KfW als förderwürdig eingestuft werden – inwieweit auf diese Weise die angekündigte Technologieoffenheit sicherzustellen ist, bleibt abzuwarten.
2. Der Austausch von Heizungsanlagen wird kräftig bezuschusst
Die Umstellung von „derzeit mit Heizöl und anderen ausschließlich auf Basis fossiler Brennstoffe betriebener Heizungen auf erneuerbare Wärme oder, wo dies nicht möglich ist, auf effiziente hybride Gasheizungen“ wird künftig mit einer Prämie von 40 Prozent der Kosten bezuschusst. Ab 2026 soll der Einbau von Ölheizungen in all jenen Gebäuden nicht mehr gestattet sein, „in denen eine klimafreundliche Wärmeerzeugung möglich ist“. Hybridlösungen sollen in Neubau und Bestand zulässig bleiben. Zudem will die Bundesregierung sogenannte Contracting- bzw. Leasingangebote unterstützen, die helfen, die monatliche Belastung gering zu halten.
Ob es nun – wie teilweise als Kritik zu vernehmen war – als Reaktion auf das bevorstehende Verbot von neuen Ölheizungen dazu kommt, dass diese erst recht eingebaut werden, um möglichst lange mit Öl heizen zu können, darf bezweifelt werden. Abzuwarten bleibt aber, wie in Härtefällen die Einschränkung „in denen eine klimafreundliche Wärmeerzeugung möglich ist“ zu interpretieren ist.
3. Energieberatung wird zur Pflicht – und vom Staat bezahlt
Energieberatungen werden bei Eigentümerwechseln künftig obligatorisch sein; die Kosten hierfür sollen über Förderprogramme gedeckt sein. Die vollständige staatliche Förderung der Beratung erscheint schon deshalb sinnvoll, weil sie die finanzielle Hemmschwelle für die Inanspruchnahme einer solchen professionellen Dienstleistung nimmt. Ein weiterer positiver Effekt ist aber auch, dass sich über die Förderkonditionen Qualitätsstandards in der Energieberatung sicherstellen lassen.
4. Die energetischen Standards werden 2023 unter Umständen verschärft, aber …
Gemäß den europarechtlichen Vorgaben werden die geltenden energetischen Standards 2023 überprüft und weiterentwickelt. Das Eckpunktepapier verspricht jedoch, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot und der Grundsatz der Technologieoffenheit dabei gewahrt bleiben sollen.
5. Eine Erhöhung der Pendlerpauschale kompensiert den CO2-Preis
Der Einstieg in den CO2-Zertifikatehandel macht Sprit und Heizöl teurer – anfangs nur leicht, früher oder später wird die Belastung jedoch spürbar werden. Und sie schlägt umso stärker zu Buche, je weiter außerhalb der Stadt ein Haushalt wohnt: nicht nur, weil ein älteres freistehendes Einfamilienhaus in der Regel stärker geheizt werden muss als eine Etagenwohnung in der Stadt, sondern auch und vor allem, weil der Arbeitsweg oft nur mit dem Auto zu bewältigen ist.
Auf dem Land zu wohnen sollte aber nicht zur Strafe werden. Deshalb ist es gut, dass die Entfernungspauschale angehoben wird, wenn auch nur vorübergehend: Ab Kilometer 21 des Arbeitswegs soll sie von 2021 an befristet bis Ende 2026 um 5 Cent auf 35 Cent je Kilometer steigen. Davon profitieren – unabhängig von der Wahl des Verkehrsmittels für die Fahrt zum Arbeitsort – alle Menschen, die einen besonders langen Arbeitsweg haben, und das sind eben oft Eigenheimbesitzer, die preisbedingt auf den erweiterten Umkreis der Städte ausweichen mussten und müssen.
6. Wohneigentum und Elektromobilität sind auch in der Stadt künftig besser zu vereinbaren
Wohneigentümer sind ohnehin Vorreiter in Sachen Elektroauto, wie neulich das Energiewendebarometer der KfW gezeigt hat. Diesbezüglich haben es die Einfamilienhausbewohner auf dem Land allerdings leichter, denn die Ladeinfrastruktur – alias Steckdose in der Garage oder im Carport – ist eben meist vorhanden.
In einer Eigentumswohnung in der Stadt gestaltet sich die Sache dagegen komplizierter, der Gesetzgeber will dies nun aber ändern: Eigentümergemeinschaften können künftig nach dem Mehrheitsprinzip beschließen, eine Möglichkeit zum Laden von E-Autos am Haus zu schaffen. Ein einstimmiger Beschluss wird dafür nicht mehr nötig sein.
Unterm Strich hat die Bundesregierung somit darauf geachtet, Wohneigentümer bei der Energiewende im Eigenheim nicht zu überfordern und sie mitzunehmen, statt sie zu verschrecken. Das ist auf jeden Fall eine kluge Strategie, denn es wäre für den Klimaschutz nichts gewonnen, wenn die vorhandene Bereitschaft zu Investitionen in das eigene Haus oder die eigene Wohnung durch überzogene Auflagen und Verbote beeinträchtigt würde. Die flankierenden Fördermaßnahmen dürften durchaus die gewünschte – und benötigte – Anreizwirkung entfalten. Bleibt zu hoffen, dass die Gesetzestexte halten, was die Klimaschutz-Eckpunkte derzeit versprechen.
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