Bausparer brauchen Zinssicherheit, keine Skiurlaube in den Rocky Mountains

Veröffentlicht am 14. November 2017 von Axel Guthmann

Meine Kollegen wissen, dass ich die FAZ sehr schätze. Sauber recherchieren, präzise formulieren und im Zweifel ein Fragezeichen setzen statt draufzuhauen – dafür gebührt der Zeitung allerhöchste Anerkennung. Doch heute ist im Finanzen-Teil ein Beitrag erschienen, der nicht unwidersprochen bleiben darf, zumal verkürzte Botschaften über die sozialen Medien ihre Kreise ziehen. Nicht nur die reißerische Überschrift passt nicht zur FAZ („Bausparverträge sind Geldvernichtung“), auch der Inhalt des Beitrags ist befremdlich.

Geschrieben hat ihn kein FAZ-Redakteur, sondern der mir als langjähriger Leser der FAZ namentlich bekannte Volker Looman, der als „Finanzanalytiker aus Stuttgart“ auftritt. Ich nehme seine Beiträge seit Jahren wahr als verbalisierte Finanzierungsbeispiele, die manchmal durchaus Unterhaltungswert haben und sich oft im betuchten Milieu abspielen. Diesmal hat Volker Looman, zwischenzeitlich auch für die BILD tätig, der Redaktion ein exotisches Finanzierungsbeispiel geliefert. Der Überschriften-Redakteur der FAZ scheint dann – anders kann ich es mir nicht erklären – der Versuchung unterlegen zu sein, das sichere, millionenfach bewährte Produkt Bausparvertrag mit dem Wort „Geldvernichtung“ zu paaren – und schon war maximale Aufmerksamkeit garantiert.

Was steckt dahinter? Volker Looman rechnet uns vor, dass ein Zahnarzt schlecht beraten war, weil er ein Mehrfamilienhaus mit Hilfe eines Festdarlehens in Höhe von 1,5 Millionen Euro und eines parallel besparten Bausparvertrages finanziert. Und er kommt zu dem Schluss, dass der Zahnarzt 86.000 Euro mehr bezahlen muss als mit einer Finanzierungsalternative ohne Einbindung eines Bausparvertrags. Damit, so Looman, hätte der Zahnarzt vier Skiurlaube in den Rocky Mountains bezahlen können. Und da packe ihn der Zorn. Er befürchte, dass Finanzierungen aus Festdarlehen und (neuen) Bausparverträgen auch bei vermieteten Immobilien zum Standard werden.

Zwei Dinge will ich dazu sagen: Zum einen sind Zweifel angebracht an den Annahmen der Alternativrechnung. Der Autor geht (soweit das aus dem Text ablesbar ist) offenbar davon aus, dass der Zahnarzt vor fünf Jahren ein Volltilgerdarlehen über 15 Jahre zum gleichen günstigen Zinssatz von 2,5 % bekommen hätte wie das seinerzeitige Vorausdarlehen (das nur ca. 8 Jahre gebraucht wird, nämlich bis zur Ablösung durch das Bauspardarlehen).

Zum anderen ist das Zahnarzt-Beispiel nicht geeignet für die Lebensrealität der allermeisten der 25 Millionen Bausparer in Deutschland. Sie kaufen weder Mehrfamilienhäuser für 1,5 Millionen Euro, noch sind sie in der Lage, ihren Kredit innerhalb von 15 Jahren vollständig zurückzuzahlen. Vielmehr sind viele auf Zinssicherheit für deutlich längere Zeiträume angewiesen. Und genau dafür ist der Bausparvertrag in Kombination mit einem Vorausdarlehen das ideale Produkt, gerade in der jetzigen Niedrigzinssituation. Darauf weist zu Recht immer wieder die Zeitschrift Finanztest hin. „Kombikredite der Bausparkassen können mit den Top-Angeboten der Banken mithalten“, lautete im Frühjahr das Ergebnis eines Produktvergleichs der Stiftung Warentest.

Deshalb: Bausparverträge sind keine Bedrohung, sondern bieten Bauherren und Käufern die Chance, sich das historisch außergewöhnlich niedrige Kapitalmarktzinsniveau über lange Zeiträume zu sichern.

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1 Kommentar
  • Joachim Oswald
    Veröffentlicht am 12:22h, 15 November Antworten

    Da hat sich Herr Loomann keine Gefallen getan. auf der einen Seite stellt er den Zahnarzt mit seinen Formulierungen als „Dummkopf und Luxussüchtig“ da, und auf der anderen Seite hat er nicht verstanden wie das wirklich funktioniert mit dem Vorausdarlehen.

    Schade da hätte man mehr „Durchblick und Sachverstand “ erwarten dürfen.

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